Bericht vom Dalai in Marburg
Der Event der Auszeichnung des tibetanischen Religionsführers Dalai Lama ist vorbei. Für kurze Zeit stand die Universitätsstadt Marburg im Fokus der Medien. Zeit, das Beobachtete zu ordnen.
Exklusivität für 330 geladene Gäste im Marburger Schloss und ein massives Polizeiaufgebot rund um den Schlossberg waren die wichtigsten lokalen Eckwerte. Wenn man sich umhörte, hatten nicht allzu viele Einwohner der Stadt großes Interesse für das Thema. Der Medien-Hype verfehlte indes nicht, Effekte zu erzeugen. So dass viele sich ein wenig stolz über das überregionale Interesse äußerten.
In Erwartung großen Publikumsinteresses hatte die Philipps-Universität als Gastgeberin keine Kosten gescheut. Im 1000 Plätze fassenden Auditorium Maximum bot sie eine Liveübertragung auf der Großbildwand direkt aus dem Fürstensaal des Adelspalast-Museums auf dem Schlossberg. Neugierig, wie voll – oder leer – der größte Saal des Hörsaalgebäudes denn wohl sein würde, wurde man überrascht. Rund 350 Leute immerhin ließen das Public Viewing zumindest nicht gar zu leer aussehen.
Von hier aus konnte also das gemeine Volk den Herrschaften Privilegierten im Schlosse zuschauen. Eine großzügige Lösung. Ein wenig erinnerte es aber schon an “das” Marburger Religionsgespräch von 1529. Das nämliche Oben und Unten im Grunde? Jenes Historische lässt sich auf einigen großformatigen Gemälden an den Wänden der Alten Aula der Universität besichtigen, wenn dort der Hausmeister aufschließt. Man muss dazu wissen, dass die Stadt das Ereignis so wichtig findet, dass alle zwei Jahre eine Diskussionsveranstaltung mit Ökumenevertretern dazu ausgerichtet wird.
Das ohnehin unscharfe Videobild auf der Audimax-Bühne wurde von einigen Hardcore-Fans gar noch abgefilmt. Dabei war das steife feierliche Zeremoniell, das bei solchen Anlässen abzulaufen pflegt, alles andere als vergnügungssteuerpflichtig. Im Grunde bedauerte man beinah die Unglücklichen, die sich von 10:30 bis 12:30 zwei Stunden lang teils sehr langatmige, unfrei gehaltene Reden von Tibetologie-Professoren anhören mussten. Froh, sich das nicht lange antun zu müssen, kehrte man dieser Stätte der Fans alsbald den Rücken.
Wenn der Sommerloch-Monat August vorbei und diese eigenartige PR-Aktion von Ehrendoktor-Verleihung Geschichte ist, wird ein Politischer Salon am 4 . September die Debatte vor Ort nachholen, die angesichts der massiven Präsenz der Honoratioren und PR-Interessen heute nicht möglich war.
In der Bildungshochburg Marburg wird dann ein richtig schönes, gepfeffertes Streitgespräch um das Für und Wider der umstrittenen wissenschaftlichen Verdienste dieses Religionsführers zu erleben sein. Teilnehmen werden daran als Exponenten der emeritierte Marburger Tibetologie-Professor Michael Hahn und der überregional bekannte investigative Publizist und Blogger Thomas I. Steinberg. Auf diese Veranstaltung freut man sich in der Lahnstadt.
Eine Online-Umfrage der Lokalzeitung Oberhessische Presse eine Woche vor dem Event ergab ein überraschend klares kritisches Meinungsbild. Die Frage lautete “Begrüßen Sie die Entscheidung der Marburger Uni, dem Dalai Lama die Ehrendoktorwürde zu verleihen?” Von 318 gezählten Stimmen bejahten nur 56 (18%) diese Verleihung. 98 Personen (31%) Prozent stellten die behauptete wissenschaftliche Leistung in Frage. 165 Teilnehmer (52%) entschieden sich für die Aussage: “Nein. Der Dalai Lama steht für eine archaische, absolut undemokratische Gesellschaft ohne Menschenrechte.” Fazit: zumindest online hat der Dalai in Marburg deutlich weniger Anhänger als Kritiker.
Woher speist sich dieser Mythos, der dem Dalai Lama in Deutschland soviele Bewunderer beschert? Man wird den ernsthaften Verdacht nicht los, dass die Menschen aus Enttäuschung über den Papst (Kondome in Afrika) und die hiesigen Politiker ihr Wunschbild in eine exotische, menschlich sympathisch wirkende Lichtgestalt projezieren. Zugleich überprüft offenbar kaum jemand die Plausibilität dieser Zuschreibungen.
Postscriptum: Auf der Webpräsenz der Humanistischen Union Marburg (HU) läuft übrigens bislang weiter eine Online-Umfrage zum Thema Ehrendoktorat und Dalai Lama.
von Brights Marburg
Exklusivität für 330 geladene Gäste im Marburger Schloss und ein massives Polizeiaufgebot rund um den Schlossberg waren die wichtigsten lokalen Eckwerte. Wenn man sich umhörte, hatten nicht allzu viele Einwohner der Stadt großes Interesse für das Thema. Der Medien-Hype verfehlte indes nicht, Effekte zu erzeugen. So dass viele sich ein wenig stolz über das überregionale Interesse äußerten.
In Erwartung großen Publikumsinteresses hatte die Philipps-Universität als Gastgeberin keine Kosten gescheut. Im 1000 Plätze fassenden Auditorium Maximum bot sie eine Liveübertragung auf der Großbildwand direkt aus dem Fürstensaal des Adelspalast-Museums auf dem Schlossberg. Neugierig, wie voll – oder leer – der größte Saal des Hörsaalgebäudes denn wohl sein würde, wurde man überrascht. Rund 350 Leute immerhin ließen das Public Viewing zumindest nicht gar zu leer aussehen.
Von hier aus konnte also das gemeine Volk den Herrschaften Privilegierten im Schlosse zuschauen. Eine großzügige Lösung. Ein wenig erinnerte es aber schon an “das” Marburger Religionsgespräch von 1529. Das nämliche Oben und Unten im Grunde? Jenes Historische lässt sich auf einigen großformatigen Gemälden an den Wänden der Alten Aula der Universität besichtigen, wenn dort der Hausmeister aufschließt. Man muss dazu wissen, dass die Stadt das Ereignis so wichtig findet, dass alle zwei Jahre eine Diskussionsveranstaltung mit Ökumenevertretern dazu ausgerichtet wird.
Das ohnehin unscharfe Videobild auf der Audimax-Bühne wurde von einigen Hardcore-Fans gar noch abgefilmt. Dabei war das steife feierliche Zeremoniell, das bei solchen Anlässen abzulaufen pflegt, alles andere als vergnügungssteuerpflichtig. Im Grunde bedauerte man beinah die Unglücklichen, die sich von 10:30 bis 12:30 zwei Stunden lang teils sehr langatmige, unfrei gehaltene Reden von Tibetologie-Professoren anhören mussten. Froh, sich das nicht lange antun zu müssen, kehrte man dieser Stätte der Fans alsbald den Rücken.
Wenn der Sommerloch-Monat August vorbei und diese eigenartige PR-Aktion von Ehrendoktor-Verleihung Geschichte ist, wird ein Politischer Salon am 4 . September die Debatte vor Ort nachholen, die angesichts der massiven Präsenz der Honoratioren und PR-Interessen heute nicht möglich war.
In der Bildungshochburg Marburg wird dann ein richtig schönes, gepfeffertes Streitgespräch um das Für und Wider der umstrittenen wissenschaftlichen Verdienste dieses Religionsführers zu erleben sein. Teilnehmen werden daran als Exponenten der emeritierte Marburger Tibetologie-Professor Michael Hahn und der überregional bekannte investigative Publizist und Blogger Thomas I. Steinberg. Auf diese Veranstaltung freut man sich in der Lahnstadt.
Eine Online-Umfrage der Lokalzeitung Oberhessische Presse eine Woche vor dem Event ergab ein überraschend klares kritisches Meinungsbild. Die Frage lautete “Begrüßen Sie die Entscheidung der Marburger Uni, dem Dalai Lama die Ehrendoktorwürde zu verleihen?” Von 318 gezählten Stimmen bejahten nur 56 (18%) diese Verleihung. 98 Personen (31%) Prozent stellten die behauptete wissenschaftliche Leistung in Frage. 165 Teilnehmer (52%) entschieden sich für die Aussage: “Nein. Der Dalai Lama steht für eine archaische, absolut undemokratische Gesellschaft ohne Menschenrechte.” Fazit: zumindest online hat der Dalai in Marburg deutlich weniger Anhänger als Kritiker.
Woher speist sich dieser Mythos, der dem Dalai Lama in Deutschland soviele Bewunderer beschert? Man wird den ernsthaften Verdacht nicht los, dass die Menschen aus Enttäuschung über den Papst (Kondome in Afrika) und die hiesigen Politiker ihr Wunschbild in eine exotische, menschlich sympathisch wirkende Lichtgestalt projezieren. Zugleich überprüft offenbar kaum jemand die Plausibilität dieser Zuschreibungen.
Postscriptum: Auf der Webpräsenz der Humanistischen Union Marburg (HU) läuft übrigens bislang weiter eine Online-Umfrage zum Thema Ehrendoktorat und Dalai Lama.
von Brights Marburg
nickpol - 7. August, 16:24
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